Picam, Piccor, Piccox: Albtraum statt Traumrendite

Die rund 2000 bis 3000 Anleger, die der Picam-Gruppe rund 300 Millionen Euro anvertrauten, fürchten um ihr Geld. Und in der Tat: Es gibt einige Ungereimtheiten und verdächtige Momente, die eher einen kriminellen Hintergrund vermuten lassen als eine seriöse Geldanlage.

Was war geschehen? 

Traumrendite von 20 %

Die in der Schweiz ansässige Piccor AG akquirierte über 60 bis 80 Anlageberater und Anlagevermittler zahlreiche Investoren in Deutschland für ein angeblich seit vielen Jahren funktionierende Geldanlage: Finanztermingeschäfte mit Traumrenditen von 15 bis 20 Prozent, die computerbasiert in der Schweiz und in Lichtenstein abgewickelt würden. Mit einer Mindestanlagesumme von 50.000 Euro könne man sich an dem Vermögensverwaltungsmandat der Piccor AG beteiligen. Durch einen oder mehrere nicht namentlich benannte Vermögensverwalter sollten Termingeschäfte getätigt werden. Die Anleger erhielten Quartalsberichte, die immense Gewinne auswiesen. Dennoch entschloss sich die Piccor AG, dieses Vermögensverwaltungsmandat Ende 2016 zu beenden. Man hört, es seien Bedenken aufgekommen, das bisherige Geschäftsmodell sei erlaubnisbedürftig.

Finanzaufsicht warnt vor Piccor

Wer bis dahin nicht skeptisch war, horchte auf, als im Januar 2017 die schweizerische Finanzaufsicht Finma die Piccor AG auf ihre Warnliste setzte. Der Sprecher der Picam-Gruppe, Thomas Enzeroth, empfahl den Anlageberatern ein Ersatzprodukt, das Piccox-Zertifikat, und neue Partner, die Varian Defensive Capital GmbH Augsburg und die Varian DV Service GmbH.

Neues Produkt, gleiche Fragwürdigkeit

Statt sich also die Anlagebeträge auszahlen zu lassen, sollten die Anleger in ein neues, angeblich reguliertes Finanzprodukt investieren. Hinter dem Namen Piccox Securisation SA (WKN:A19CXZ) verbirgt sich eine an der Börse nicht handelbare Inhaberschuldverschreibung einer luxemburgischen Gesellschaft. Fraglich ist, ob die umgestimmte Anleger ihr Geld jemals wiedersehen, denn fällige Auszahlungen sind nach unbestätigten Informationen nicht erfolgt. Zwischenzeitlich wurde auch die Emission dieses Zertifikats gestoppt.

Wo ist das Geld?

Im Dezember 2017 platze die Blase. Thomas Enzenroth teilte mit, der Verbleib der Gelder sei unklar und man sei um Aufklärung bemüht. Bei dem Einzahlungstreuhänder, dem Wirtschaftsprüfer Eschenbach, befänden sich Vermögenswerte von 56 Mio. Euro, die aber nicht liquide seien.

Was können Anleger tun, um ihr Geld zurückzubekommen?

Bleibt bei allen ungeklärten Fragen die wichtigste: Was können die Anleger nun tun, die ihr Erspartes in Finanzprodukte von Picam, Piccor oder Piccox gesteckt haben? Dr. Jochen Strohmeyer, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht der mzs Rechtsanwälte hat eine deutliche Empfehlung an die Anleger: „Ob von dem Treuhänder tatsächlich noch Vermögenswerte gehalten werden, ist aus unserer Sicht zweifelhaft. Soweit ersichtlich, sollte er nur die Einzahlungen sammeln und weiterleiten. Dafür gab es ein Girokonto. Warum das nicht mehr liquide sein soll, erschließt sich nicht. Die Angaben erscheinen widersprüchlich und deswegen nicht glaubhaft.“ Der Piccor AG hätten etwaige Unregelmäßigkeiten bei der Vermögensverwaltung schon Anfang 2017 auffallen müssen. Denn nach der Einstellung des Handels und Glattstellung aller offenen Positionen hätte ein liquides Vermögen vorhanden sein müssen, dass den erteilten Abrechnungen entsprach. Dass die Piccor AG Anfang 2017 keinen Alarm geschlagen hat, lasse nichts Gutes vermuten, führt Dr. Strohmeyer aus.

Und weiter: „Es ist ziemlich simpel, einen Schadensersatzanspruch gegen die Piccor AG darzulegen. Den könnte man problemlos in Deutschland einklagen. Bei der Einschätzung der Vollstreckungsaussichten ist allerdings Zurückhaltung geboten. Ich empfehle, auch gegen den Einzahlungstreuhänder vorzugehen. Er hatte keine Erlaubnis für das Finanztransfergeschäft. Die unerlaubte Erbringung des Finanztransfergeschäfts löst eine Schadensersatzpflicht aus. Er muss als Wirtschaftsprüfer eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung unterhalten, die bei einer nur fahrlässigen Pflichtverletzung eingreifen dürfte. Auch die Angaben der Vermittler sollte man kritisch hinterfragen: Wenn getrennte Vermögensverwaltung versprochen wurde, der Kunde aber nach den Beitrittsunterlagen nur einen Anspruch auf einen Anteil vom Gewinn der Piccor AG erhalten sollte, war das nicht plausibel“, sagt Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Dr. Jochen Strohmeyer von den mzs Rechtsanwälten.

„Der Bundesgerichtshof hat noch mit Urteil vom 30.03. 2017 – Aktenzeichen III ZR 139/15 -seine ständige Rechtsprechung bestätigt, dass ein Anlagevermittler zur Plausibilitätsprüfung verpflichtet ist. Er muss den Prospekt darauf überprüfen, ob er ein schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen sachlich richtig und vollständig sind.“

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