Rund eine Milliarde Euro wurde laut Statista* 2018 in Deutschland beim Glücksspiel eingesetzt. Nur in Online-Casinos. Diese bieten ihren Kunden möglichst bequeme Zahlungsmöglichkeiten via Internet. Nun drohen unangenehme Konsequenzen mit einem Milliardenrisiko für die Zahlungsdienstleister. Der Vorwurf: Die Förderung unerlaubten Glücksspiels.
Denn: In Deutschland sind Online-Casinos – bis auf sehr wenige Ausnahmen – illegal und nach § 4 Abs. 4 des Glücksspielstaatsvertrags gesetzlich verboten. Auch die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel ist verboten.
Paypal war der erste Zahlungsanbieter, dem dieser Service auf die Füße fiel: In einem Urteil des Landgerichts Ulm, das in der Zahlungsabwicklerbranche für besorgtes Murmeln sorgte, wurde verkündet, dass ein Onlinespieler seinen verzockten Einsatz von Paypal zurückerstattet bekommt.
Der Fall:
Der Kläger hatte per Paypal 2007 mehr als 9600 Euro an ein Online-Casino überwiesen. Er verlor das Geld und klagte auf Rückerstattung, da Paypal aufgrund des Glücksspielmonopols das Geld nicht an das Internetcasino hätte weitergeben dürfen.
Das Gericht gab ihm Recht und verurteilte Paypal dazu, die 9600 Euro zuzüglich Zinsen zurückzuzahlen. Denn, so die Richter des Landgerichts Ulm: „Der Zahlungsdienstleister hat eine Pflicht, nach seinen Möglichkeiten zu überprüfen, ob die Zahlung abgewickelt werden darf oder gegen ein gesetzliches Verbot verstößt.“
Die möglichen Folgen:
Zwar hatte Paypal mit dem Jahreswechsel 2018/2019 die Zahlungsabwicklungen für die Internet-Glücksspielbranche explizit ausgeschlossen, dennoch drohen nicht nur Paypal, sondern der Zahlungsabwickler-Branche Rückforderungen innerhalb der Verjährungsfristen von drei Jahren.
Derweil kündigte das Unternehmen an, Berufung gegen dieses erstinstanzliche Urteil einzulegen.
Sollte nun im Ulmer Fall Paypal die nächste Instanz anrufen, wiederum scheitern und keine Einigung möglich sein, wird erstmals eine Entscheidung eines Oberlandesgerichts zu dieser Rechtsfrage kommen – in diesem Fall vom OLG Stuttgart, einem bekanntermaßen verbraucherfreundlich urteilenden Gericht.
Unserer Ansicht nach stehen die Chancen nicht schlecht, dass andere höherinstanzliche Gerichte die Sachlage zugunsten der Zahlungsdienste beurteilen.
Denn: Auch unter den Landgerichten herrscht keine Einigkeit zur Rechtsauffassung. So befand das Landgericht München 2018, dass einem dort klagenden Spieler keine Entschädigung zustehe. Der Fall ging in die nächste Instanz, dort einigte man sich allerdings – wie so oft – außergerichtlich.
Wir halten es zudem aufgrund der hohen Summen im Milliardenbereich für recht wahrscheinlich, dass bald auch der Bundesgerichtshof über die Rechtslage entscheiden muss.
Unser Fazit:
Zahlungsdienstleister müssen die Onlinecasinos und Internet-Glücksspielportale explizit ausschließen, bei denen nicht sichergestellt werden kann, dass die Bedingungen für legales Glücksspiel eingehalten werden können. Sie müssen prüfen, ob ein Casinoanbieter die nötige Lizenz besitzt, bevor sie Zahlungen ermöglichen.
Es ist zudem auch ratsam, die entsprechenden Kontonummern für Überweisungen zu sperren, um sicherzustellen, dass keine Zahlungen außerhalb gültiger Lizenzen stattfinden.
Unsere Kompetenz:
Zahlungsanbieter dürfen sich nicht darauf verlassen, dass immer eine außergerichtliche Einigung gefunden wird, sondern müssen sich aufgrund des Medieninteresses und der Signalwirkung durch das Paypal-Urteil auf mehr Streitfälle und wohlmöglich auch höchstrichterliche Urteile einstellen.
Als Fachkanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht unterstützen wir Banken, Kreditkartenanbieter oder Bezahldienste dabei, ihren Kontrollpflichten beim Online-Glücksspiel nachzukommen und vor Gericht zu verteidigen.
* https://de.statista.com/statistik/daten/studie/551724/umfrage/bruttospielertraege-im-nicht-regulierten-gluecksspielmarkt-in-deutschland/